Im Rahmen der Dauerausstellung über den Architekten Paul Möbius des Arbeitskreises Gohliser Geschichte des Leipziger Geschichtsvereins von Ursula Hein und Wolfgang Leyn in Kooperation mit Dr. Stefan W. Krieg von Hößlin, wurde unser Modell des Pavillons Nietzschmann-Wommer für 8 Wochen verliehen. Ausstellungsort war standesgemäß das Infozentrum in der Georg-Schumann-Str. 126 – in einem wunderschönen Jugendstilbau, eigens von Paul Möbius konzipiert.
Die überaus erfolgreichen Ausstellungseröffnung am 10.09.2023 mit über 100 Besuchern – trotz Schornsteinsprengung und Tag des offenen Denkmals – zeugt vom hohem Interesse an der Schaffenskraft des Leipziger Jugendstilarchitekten, von der neben unserem Pavillon auch die gelungenen Layouttafeln der Ausstellung zeugen. Nach Dr. Krieg von Hößlins kenntnisreichen Vortrag und einigen Infos zum Bau des Pavillonmodells von Thomas Wommer ging es im Anschluss auf Möbius’ Spurensuche durch Gohlis. Am 24. Oktober fand die Verabschiedung des Modell mit einem Vortrag von Thomas Wommer zu den Herausforderungen beim Bau des Modells statt. Jedoch schließt sich ein durchaus ereignisreiches Jahr mit einem traurigem Abschied: Frank Wommer, der letzte in der Familie der noch in vierter Generation Fleischereimaschinen bis vor wenigen Jahren herstellte, verstarb nach langer Krankheit in Waldhof bei Kassel.
Hintergrund zum Pavillon: Gemeinsam mit dem Wurstfabrikanten Gustav Nietzschmann ließ die Familie Wommer vom Architekten Paul Möbius 1897 den architektonisch außergewöhnlichen Ausstellungspavillon “Nietzschmann-Wommer” errichten. Wilhelm und Otto Wommer stellten im linken Flügel des Pavillons Maschinen und Geräte für Fleischereien und Wurstfabrikation aus. Zu den Ausstellungsobjekten gehörten ein Wiegeapparat, eine Rotations-Fleisch-Schneidemaschine (Patent Wommer), eine Universal-Fleisch-Schneidemaschine u.v.m.. Im mittleren Teil wurden Fleisch- und Wurstwaren durch Fleischermeister Gustav Nietzschmann vor den Augen der Besucher fertig zum Verkauf hergestellt. weitere Informationen zum Pavillon Nietzschmann-Wommer
Ebenfalls Anfang September fand ein Treffen inklusive Vortrag und Buchvorstellung (druckfrisch) zum fast vergessenem Thema der “Aktivitäten der Technischen Vereinigung Lipsiensis 1887 bis 1987” anlässlich der Tage der Industriekultur 2023 statt. In den Räumen der Elektrotechnischen Sammlung am Umspannwerk Markkleeberg referierte Dr. Jens Jannasch über seine Forschungsergebnisse, zu denen Carola Steiner, Jan Dossin und Ursula von der Goenne-Stuebing – aber auch wir ein wenig beitragen konnten: Denn in der T.V.L. waren vor über 100 Jahren auch vier Familienmitglieder involviert. Am Folgetag konnten dann auch endlich die Devotionalien im TVL-Vereinsschrank in der HTWK bewundert werden.
Im Frühjahr freuten wir uns bereits riesig, dass wir für den 14. März ins Lindenauer Kirchencafé von Klaus-Dieter Kläber eingeladen wurden, um über unsere Forschungsergebnisse zu unserem Thema “Gebrüder Wommer” zu referieren. 20 Uhr ging es nach dem spannenden Vortrag von Anne Tienelt von der Industriekultur Leipzig e.V. zu den Firmen Swiderski/Spieß endlich los.
Auf Grund der Thementiefe wurde der weitere Vortrag zu Sack auf einen späteren Termin verlegt. Der Raum war gefüllt mit ca. 30 aufmerksamen Zuhörern – was wir besonders toll fanden – aber auch unsere Nervosität in ungeahnte Höhen trieb. Sicherheit gaben uns im Publikum neben der Familie auch viele bekannte Gesichter wie Rainer Müller vom Lindenauer Stadtteilverein e.V., Peggy Enders von der Agentur Evendito oder Anne Roßburger vom Sächsischen Wirtschaftsarchiv e.V.. Die vielen Leute und der Beamer sorgten am Ende der Veranstaltung für ein leichtes Sauna-Flair – was dem Interesse aber keinen Abbruch tat.
Im Vortrag wurde neben der Entwicklung der Firmen in Leipzig auch kurz auf den Ausstellungs-Pavillons Nietzschmann-Wommer eingegangen, der vor 126 Jahren auf der Sächsisch – Thüringische Industrie- und Gewerbeausstellung in Leipzig eröffnet wurde.
Auf dieser Webseite finden sich viele Aspekte zur Geschichte der Familie Wommer wieder. Ursprünglich waren die Wommers über Jahrhunderte in der Gegend von Nohfelden / Wolfersweiler an der Grenze des heutigen Saarlands sesshaft. Einige Familienmitglieder wagten bereits im frühen 18ten Jahrhundert den Weg in die neue Welt nach Philadelphia, später nach Brasilien und unsere näheren Ahnen nach Minnesota (Minneapolis), Leipzig, über Weinheim nach München, Berlin, Waldhof bei Kassel, Wetzlar und Saarbrücken.
Mit Hilfe historischer Quellen, Internetrecherche sowie Informationen durch kürzliche Kontaktaufnahmen mit verschollen geglaubten Cousins und Cousinen versuchen wir hier das Leben unserer Vorfahren nachzuzeichnen. Die Quellen, die in den letzten beiden Jahren uns freundlicherweise zugänglich gemacht wurden, sind so umfassend, dass wir immer noch mit dem Sichten und Auswerten der Dokumente befasst sind. Ein großes Dankeschön für alle, die uns bei der Forschung unterstützen!
Wir versuchen ausgehend von den Hinterlassenschaften unserer Ahnen den Bogen über die Industrieller Revolution, technologische Entwicklung (speziell Fleischereimaschinen), aber auch bezüglich kultureller – und Stadtentwicklung (speziell in Leipzig) zu spannen, um die eine oder andere vergessene oder verstaubte Facette der Geschichte festzuhalten und daran zu erinnern.
So konnten bereits im Jahr 2020 auf dieser Seite 150 Jahre Wommermaschinen (viele Maschinen sind immer noch im Einsatz) sowie im letzten Jahr 125 Jahre Pavillon Nietzschmann-Wommer gefeiert und gewürdigt werden.