Mitte der 20er Jahre des 20. Jh. – einige Jahre vor der Transformation der Gebrüder Wommer zu einer AG – widmete sich Max Wommer einem völlig anderen Industriezweig – der Galvano-Technik. Verchromung ist überall dort gefragt, wo es um Härte- und Hitzebeständigkeit geht. Der Geschäftsbetrieb der Chrom-Industrie Max Wommer war die Verchromung von Halb- und Fertigfabrikaten, wie Heizungs-, Koch-, Kühl-, Trocken- und Ventilationsapparate und -geräte, Wasserleitungs-, Bade- und Klosettanlagen, rohe und teilweise bearbeitete unedle Metalle sowie Messerschmiedewaren, Werkzeuge, Sensen und Sicheln. Der Fokus der Firma lag auf Reflektoren, Druckplatten (die Herstellung von Autotypien und Stereotypien aus mit metallischem Chrom überzogenen Metallplatten (geschützt durch das D. R. P. 422 245), Prothesen, Bestecke (auch kombiniert in Glanz- und Mattverchromung D. R. G. M. 932 738). Weitere Anwendungen in den 20er Jahren betrafen optische und chirurgische Instrumente, Wasser- und Badearmaturen und Anwendungen im Automobilbau.
Der Bedarf an Betriebseinrichtungen für die Verchromung war Mitte der 20er enorm – eine der größten deutschen Besteckfabriken schrieb:
“Der Umstand, dass verchromte Bestecke im Restaurationsbetriebe in steigendem Maße verlangt werden, veranlasst uns, der Errichtung einer eigenen Verchromungsanlage näherzutreten. Machen Sie uns bitte einen Kostenanschlag … usw.”
In seinem Werk “Die elektrolytischen Verchromung – System Wommer” von 1926 wird das damals neuartige Verfahren zur Verchromung mittels folgender Betriebseinrichtung genau beschrieben. Die Verchromung und Produktion der Anlagen erfolgte in einer Fabrik in Rückmarsdorf direkt am Schnittpunkt der heutigen Merseburger Straße und der der Bahnstrecke (der heutige Standort Schönauer Landstraße 111) – mit eigenen Anschlussgleis über eine Drehscheibe. (Vielen Dank an das Planungsbüros Hans-Elgar Kirchner für die Informationen hierzu). Die Fabrik wurde wohl bereits 1897 gebaut – von wem ist bisher nicht sicher. Seit Anfang der 20er wurde die Fabrik von den Gebrüdern Wommer betrieben. Mit Gründung der Chromindustrie erfolgten Umbauten der Fabrikanlage. Nach Max Wommers Austritt aus der Gebrüder Wommer AG wurde die Fabrik eigenständig geführt.
Infolge zahlreicher Patentstreitigkeiten rund um die Galvanotechnik gründete sich 1928 die Chrom-Interessen-Gemeinschaft, in der auch Max Wommer vertreten war. Die Erkenntnis, dass langfristige Patentstreitigkeiten nur zu wirtschaftlichen und zeitlichen Verlusten führen, war hierbei vor allem die Triebfeder. Die wesentlichen Ziele der Interessengemeinschaft waren laut “Die galvanische Verchromung” von Günther A. Lausmann und Jürgen N. Unruh:
- die Einführung des Hartverchromungsverfahrens auf möglichst breiter Basis;
- die Patente und Schutzrechte gegenseitig auszutauschen;
- das Verfahren wirtschaftlich und praktisch zu fördern und
- die gewonnenen Ergebnisse gemeinschaftlich zu verwerten.
Der Chrominteressen-Gemeinschaft gehörten folgende Firmen an:
- Electro-Chrom Ges. m. b. H. Berlin
- Langbein-Pfanhauser Werke AG Leipzig
- Siemens & Halske AG Berlin
- Chrom-Industrie Max Wommer Leipzig
Die C.I.M. bestand bis zu ihrer Auflösung durch die Alliierten 1945. Max Wommer schied bereits wenige Jahre nach der Gründung wieder aus.
Ab und an stößt man noch heute auf Fabrikate der Firma “Chrom-Industrie Max Wommer”. Unter der Marke “Nieputza” wurde schon in den 20ern Besteck bekannter Marken wie z.B. SOLINGEN verchromt. (Vielen Dank an Familie Fickert, die freundlicher Weise im Frühjahr 2021 sich bei uns gemeldet hat und uns ein komplettes Besteckset überlassen hat)
Patentiert wurde 1927 durch DRP 514157 ein Verfahren zur Herbeiführung einer elektrolytischen Oberflächenreinigung bei Metallen, bei denen die Reinigung unter Zuhilfenahme von Wechselstrom erfolgt.
Ende 1937 erlöscht der Eintrag im Handelsregister. Die Fabrik wurde an die zuvor in Leipzig Reudnitz ansässige Sächsische Staufferbüchsen-Fabrik Franz Wiegand, in der bis 1985 Schmiernippel und Staufferbüchsen produziert wurden. 1998 wurden Fabrikanbauten und die Villa (schon 1897 erbaut) abgerissen und das Fabrikgebäude umgebaut. Heute ist es äußerlich völlig verändert. Nur Innen sieht man an gusseisernen Säulen noch das Alter der Anlage, die heute im Besitz einer Gerüstbaufirma ist.